Videoüberwachung im Mehrfamilienhaus – Was erlaubt ist und was nicht

Liebe Leserinnen und Leser,

die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland bleibt hoch: Fast 80 000 Fälle von Einbrüchen oder Einbruchsversuchen wurden im vergangenen Jahr registriert. Viele Eigentümer und Mieter fragen sich daher, ob Videoüberwachung im Hausflur, am Eingang oder auf dem Grundstück eine zulässige Sicherheitsmaßnahme ist. Die Antwort ist klarer, als viele denken – und häufig ernüchternd.


Nur erlaubt, wenn alle zustimmen

Grundsätzlich darf niemand sich in seinem Zuhause beobachtet fühlen. In einem Mehrfamilienhaus kann eine Kamera daher nur angebracht werden, wenn alle Mieter oder Wohnungseigentümer ausdrücklich zustimmen. Schon ein einziger Widerspruch kann die Installation stoppen. Auch Nachbarn müssen keine Kamera dulden, die auf ihr Grundstück gerichtet ist – selbst wenn sie dort nur theoretisch miterfasst werden könnten.


Das sagen die Gerichte

Versteckte Kameras:
Wer heimlich den Eingangsbereich anderer Bewohner überwacht, verletzt deren Privatsphäre. Solche Aufnahmen sind unzulässig und dürfen nicht einmal als Beweismittel in einem Streitfall verwendet werden (BGH, 12.03.2024).

Digitale Türspione:
Selbst moderne Türspione mit Kamera können verboten sein, wenn sie den Hausflur oder gemeinsame Bereiche zeigen. Der Nachbar muss sich nicht „unter Beobachtung“ fühlen (LG Karlsruhe, 17.05.2024).

Hausflur und Eingangsbereich:
Videokameras im Flur oder Hauseingang sind nur mit Zustimmung aller Bewohner erlaubt. Schon eine Kameraattrappe kann untersagt werden, weil sie das Gefühl der Überwachung vermittelt (AG Schöneberg, 08.06.2012).

Nachbargrundstücke:
Kameras dürfen keine fremden Grundstücke oder Gehwege erfassen. Ein Anspruch auf Entfernung besteht bereits, wenn der Nachbar ernsthaft befürchten muss, aufgenommen zu werden (AG Gelnhausen, 04.03.2024).

Gemeinschaftsanlagen:
In Tiefgaragen, Aufzügen oder Waschküchen gelten besonders hohe Hürden. Selbst bei wiederholten Beschädigungen entschieden Gerichte regelmäßig gegen den Einsatz von Kameras.


Eigentümergemeinschaften: Einstimmigkeit erforderlich

In Eigentümergemeinschaften reicht keine Mehrheitsentscheidung. Laut Landgericht München I genügt bereits der Widerspruch eines Eigentümers, um eine Videoüberwachung zu verhindern. Nur wenn konkrete Straftaten drohen oder bereits geschehen sind, können ausnahmsweise Aufnahmen gerechtfertigt sein. Dennoch muss die Überwachung zeitlich und räumlich stark begrenzt bleiben.


Besser Alternativen nutzen

Bevor zur Kamera gegriffen wird, sollten mildere Maßnahmen geprüft werden – etwa bessere Beleuchtung, sichere Türen oder regelmäßige Kontrollgänge durch den Hausmeister. Diese Möglichkeiten sind nicht nur rechtssicher, sondern oft auch wirksamer.


Fazit:
Videoüberwachung im Mehrfamilienhaus bleibt eine rechtliche Gratwanderung. Ohne Zustimmung aller Beteiligten drohen Konflikte und sogar Unterlassungsklagen. In der Praxis empfehlen Fachleute: Setzen Sie auf vorbeugende Sicherheit statt auf Dauerbeobachtung.

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